Udo Neumann
Udo Neumann
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Meinen Artikel, Bouldern – Natursport für Kreative wurde im DAV-Panorama ziemlich gekürzt abgedruckt. Hier kannst du ihn so lesen wie ich ihn ursprünglich geschrieben hatte:

Vorsicht, potentiell kontroverser Inhalt! Der folgende Artikel geht davon aus, dass der Leser kein Problem damit hat, wenn Menschen jedes Alters und Geschlechts durch Wald und Wiesen huschen und Felsbrocken beklettern um nach dem Klettern spur- und geräuschlos wieder in die Zivilisation zu verschwinden.

Denn darum geht es in diesem Artikel, ums Felsbrocken beklettern, auf Neudeutsch: Bouldern, und zwar in Deutschland!
Ach Deutschland! Wir Deutschen tun uns mit den kleinen Abenteuern schwer…

Markus Bock bouldering in Frankenjura

Markus Bock bouldering in Frankenjura

“What’s the name?”

fragt der damals beste Amerikanische Kletterer Boone Speed den Deutschen Erschließer eines tollen Felsriegels im schönen Frankenwald. “Keine Ahnung, es geht da halt irgendwo in der Mitte hoch.” sagt der Erschließer und zeigt auf die Traumlinie. “Dude, das Ding muss einen Namen haben! Das ist besser als Midnight Lightning!” entsetzt sich Boone. Gestern war er noch in England, wo sogar jeder Griff in den bekannten Bouldergebieten einen Namen hat – hier in Franken findet er eigentlich alles besser, nur die Locals scheinen sich zu schämen und geiles Bouldern nur im Angelsächsischen Ausland oder höchstens noch in Bleau zu verorten. Als Inselbewohner war den Briten schon frühzeitig die Begrenztheit der Ressource Fels bewusst. Wenn man langfristig Herausforderungen haben will, muss man sich bei der Wahl seiner Mittel selber beschränken, doch dazu später mehr. Ich sollte erwähnen, dass dieser kleine Dialog Mitte der Neunziger Jahre passiert ist, etwa zur Zeit der Geburt des modernen Boulderns.

 

Damals tauchten die ersten Crashpads auf,

als Gastgeschenk hatte mir Boone seinerzeit einen Prototypen des “Spot” von BD mitgebracht. Verglichen damit haben wir 2012 eigentlich Alles! Crashpads, die besser gedämpft und teurer sind als unsere Betten, überlange Bürsten, die auch den entlegensten Griff noch gründlich bürsten können und Schuhe, die so dermaßen am Fels kleben, dass sie oft das Letzte sind was sich bei einem Sturz von der Wand löst! Aber vor allem haben wir das Internet! Durch die Möglichkeit, sich im Internet zu jedem Thema schlau zu machen, kann und werde ich diesen Artikel wage lassen, was konkrete Spots und Personen anbelangt. Jeder kann vom Küchentisch aus zum Beispiel die Geologie der Umgebung erkunden um sich dann durch eine Wanderung vor Ort selber ein Bild zu machen. Oft stolpert man aber auch einfach über ein Bild, welches den Wunsch, dieses Gebiet einmal zu besuchen auslöst. So gibt es zum Beispiel eine sehr edel fotografierte Reihe von Landschaftsbildern aus Deutschland, die nur einen Boulder in seiner Umgebung zeigen, die Namen der Probleme an diesem Block sind dezent eingeblendet. Wer es nicht schafft, alle Informationen im Internet zu finden, der wird auch ein großartiges Boulderproblem nicht sehen – selbst wenn es direkt vor ihm steht! Felsbouldern entsteht aus einer Mischung von Natur und Inspiration – abgefahrene Gesteinsformationen haben wir in Deutschland genug – wir brauchen nur die Kreativität, diese auch zum Bouldern zu nutzen!

Der Zauber des Felsboulderns

Warum überhaupt draussen bouldern? Die Zecken sind alle verseucht, Mückenstiche jucken ewig und irgendwie ist es immer zu schwitzig oder zu eisig! Boulderhallen dagegen sind optimal temperiert, finden sich inmitten von Großstädten und haben einen unschlagbaren “Sehen-und-Gesehen-werden” Faktor. Tut mir in der Halle ein Griff weh, schimpfe ich auf den Routenbau. Eine Frechheit ist das, die sollen den gefälligst durch einen ergonomischen Griff austauschen! Es ist immer ein Mensch verantwortlich dafür, wie ich das Bouldern in der Halle wahrnehme, im Guten (genialer Routenbau, köstlicher Capuchino!) wie im Bösen (aua Griffe, arogante Schnösl, bizarre Bewertungen) Und genau das ist, neben Nebensächlichkeiten wie tollen Sonnenuntergängen, der grundsätzliche Unterschied zwischen drinnen und draußen. In der Halle konsumiere ich, was mir vorgesetzt wird, draußen bin ich, besonders wenn ich Neuland suche, für meine Erfahrung selber verantwortlich.

Felsbouldern kommt von seinen geistig-körperlichen Anforderungen her einer Art physischen Schachs gleich.

Gut Bouldern erfordert die komplette Synchronisation unserer mentalen und unserer körperlichen Existenz. Deswegen nannte der Urvater des modernen Boulderns, der Mathematikprofessor John Gill, Boulderprobleme auch Probleme (und nicht “Boulder”, wie man es bei uns manchmal hört)! Beim Bouldern besteht die Lösung eines Problems darin, herauszufinden wie wir uns in der gegebenen Griff-Tritt-Reibung-Neigungskonstellation bewegen können.

Um die Erfindung des Schachspiels rankt sich die „Weizenkornlegende“. Der Erfinder forderte von seinem Herrscher, ihm als Lohn die 64 Felder des Spielbretts mit Weizenkörnern zu füllen, und zwar auf das erste Feld ein Korn zu legen, auf das zweite zwei Körner, auf das dritte vier Körner und bei jedem weiteren Feld doppelt so viele wie auf das vorherige Feld. Der Herrscher wunderte sich über die Bescheidenheit der Bitte. Insgesamt wären dies jedoch mehr als 18 Trillionen Weizenkörner gewesen, und sämtliche Welternten seit Beginn des Getreideanbaus hätten hierzu nicht ausgereicht.

Die Legende drückt die Schwierigkeit aus, das Wachstum von Exponentialfunktionen richtig einzuschätzen. Die Geschichte ist zudem ein Gleichnis für die Vielfalt des Schachspiels. Ein neu gefundenes Problem auszubouldern hat von den unvorstellbaren Möglichkeiten her Ähnlichkeit mit dem Schachspiel. Ändere ich ein kleines Detail meiner Sequenz, stelle ich zum Beispiel einen Griff auf, den ich vorher lang gehalten habe und lege den Daumen über die Finger, so muss ich oft auch alle Züge VOR diesem Griff überdenken weil mir vielleicht mit meiner bisherigen Sequenz die Reichweite zum Aufstellen fehlt. Hinzu kommt beim Ausbouldern noch die Zeitebene. Selbst mit Kenntnis einer genauen Tritt und Griffsequenz fehlt mir noch die Information WANN man den entsprechenden Zug macht. Dies ist aber bei vielen Problemen DIE entscheidende Information! Kann ich eventuell beim Umstellen der Füße einen kleinen Ruckler zum Aufstellen der Finger nutzen? Nein, das kann ich nicht! Aber mich vielleicht beim letzten Zug davor höher stellen? Das macht diesen Zug zwar deutlich schwieriger, aber dafür bekomme ich den Griff aufgestellt! Wenn man einige Zeit mit solchen Fragestellungen und Ausprobieren von Lösungen verbringt, kommt man unweigerlich in einen

Zustand der “moving Meditation”

mit der John Gill das Bouldern beschrieben hat. Meditation hat zwei Aspekte, den der Konzentration und den der Achtsamkeit. Konzentration besteht darin, sich aufmerksam auf ein Objekt oder eine Handlung – wie etwa den Zug zu einem kleinen Fingerloch – einzustellen, darauf seinen Blick zu fokussieren und seine ganze Aufmerksamkeit für diesen begrenzten Bereich seiner Wahrnehmung aufzuwenden. “Achtsamkeit” hat eine dazu entgegen gesetzte Ausrichtung. Hier wird der Fokus der Aufmerksamkeit nicht gezielt eingeengt, sondern vielmehr weit gestellt. Im Maximalfall ist dann eine weitwinkelartige Aufmerksamkeitseinstellung erreichbar, die in einer umfassenden, klaren und hellwachen Offenheit für die gesamte Fülle der Wahrnehmung im gegenwärtigen Moment besteht. Beim Klettern entscheidet die Qualität unserer Konzentration über unseren Erfolg. Achtsam müssen wir beim Klettern gegenüber unserem Körper, unserer Geisteshaltung und unserer Umgebung sein. Eine fiese Wurzel bei der Landung übersehen zu haben kann die Lösung eines Boulderproblems genau so verzögern wie der Versuch einen Griff zu hundertsten Male anzuspringen obwohl mir mein Körper etwas Anderes geraten hat. Wir müssen also unsere Aufmerksamkeit sowohl nach außen als auch nach innen richten, eine Konzentrationsleistung wie sie auch bei Formen der Meditation statt findet. Diese Konzentration, kombiniert mit den vom Körper ausgeschütteten Glückshormonen führt zu einem Zustand des “stoke” oder “flows” (für die es, s.o. “Wir Deutschen tun uns mit den kleinen Abenteuern schwer.” – keine umgangssprachliche deutsche Entsprechung gibt!) Mit diesem Zustand verhält es sich wie mit vielen anderen Aspekten unseres Lebens – je mehr wir investieren (und “mehr” meint nicht nur quantitativ mehr!) desto mehr bekommen wir auch heraus!

Kung Fu

Der Begriff Kung Fu bedeutet auf chinesisch „Etwas durch harte und geduldige Arbeit Erreichtes“. Das gilt nicht nur für Kampfkunst, sondern für alle Tätigkeiten, denen wir uns widmen. Kung Fu ist unser Unterfangen, uns durch ständiges Bemühen zu vervollkommnen. Was immer wir auch tun, stets kommt in unserem Tun unsere innere Verfassung zum Ausdruck. Wenn wir unser Handeln vervollkommnen, vervollkommnen wir uns selbst. Ein Kampfkünstler erzählte mir einmal die tragische Geschichte seines Meisters, der sich den Großteil seines 96-jährigen Lebens der Vervollkommnung seiner Kampfkunst gewidmet habe. Erst kurz vor seinem Tode jedoch kam er in Kontakt mit Dim Mak, der „Kunst der tödlichen Berührung“ (überspitzt im Film Kill Bill 2 dargestellt). Den alten Meister reuten die Jahrzehnte der Hingabe an ‘minderwertige’ Kampftechniken, wie er nun zurückblickend feststellen musste. Jedem ernsthaften Boulderer wird es irgendwann genau so gehen. Veränderung ist die einzige Konstante und das Bessere ist der Feind des Guten. Wir können unsere Kletterkunst verfeinern, Perfektion aber werden wir nie erreichen.

Genau das ist der Zauber des Boulderns

Okay, hört sich gut an! Ich will Zauberer, äh, Felsboulderer werden! Was muss ich tun (bzw. Was sollte ich sein lassen)? Die Kunst, unsichtbar zu sein ist überhaupt die wichtigste Kunst beim Felsbouldern. Die meisten Menschheitsprobleme lassen sich auf Überbevölkerung zurück führen. Auch in unserer kleinen Boulderwelt wäre es bei diskretem, weniger lemminghaftem Verhalten zu weniger Problemen mit Felssperrungen gekommen. Du hast im Wald einen Felsblock gefunden, freigelegt und liebevoll geputzt. Dabei hast du keine aussterbenden Pflanzenarten endgültig vom Antlitz der Erde getilgt und dich grundsätzlich so verhalten, wie du es auch von anderen erwarten würdest, wäre der Block in deinem Garten. Einige Linien gehen sofort, andere erst nach einigen Wochen. Eine Linie schaffst du jedoch auch nach einem Jahr noch nicht, bis du schließlich die Geduld verlierst und zwei Griffe so verbesserst, dass du sie halten und das Problem knacken kannst. Jetzt hat der Block an jeder Seite ein interessantes Problem. Das muss die Welt erfahren! Geile Bilder und Interesse weckende (hohe!) Bewertungen werden dir die Anerkennung sichern, die du dir hart erarbeitet hast. Am besten wäre, es würde sich ein amerikanischer Superstar an deinem Block mit der ersten “9a font” der Welt verewigen, als Entdecker das Blocks würdest auch du unsterblich werden!

Naja, “unsterblich” ist relativ und diesem Zusammenhang wohl eher wie Andy Wahrhols «In der Zukunft wird jeder für 15 Minuten weltberühmt sein.» zu verstehen. Was mit den Blöcken geschieht, liegt in der Verantwortung der Kletterer, die daran bouldern. Selbst wenn wir versuchen alles richtig zu machen und uns zum Beispiel bei Veröffentlichungen unserer Bouldergroßtaten zurück halten ist es dennoch sehr schwierig alle Kräfte vorauszusagen, die in einer solchen Situation wirken.

Eine seltene Tierart, gepaart mit ehrgeizigen, sogenannten Umweltschützern, können Bouldermöglichkeiten ebenso zunichte machen wie unsensibles Verhalten oder Profilierungssucht. Grundsätzlich tun Boulderer nichts Böses und hinterlassen nur Spuren von Magnesia, im Falle eines Interessenkonflikts mit zum Beispiel Jägern, ziehen wir trotzdem immer den Kürzeren … Falls du meinst, dass dies nur für die kleinen Gebiete im deutschen Wald gilt, bist du nicht informiert:

Es gibt auf der Welt kein etabliertes Bouldergebiet welches nicht in irgendeiner Form von Schließung bedroht ist!

Das gilt sogar für Fontainebleau und ganz besonders für so ziemlich jedes Gebiet im Tessin! Aber noch mal zurück zu deinem Block und den zwei Griffen die du verbessert hast. Du hast da ein Problem, denn das Griffe-schlagen zeigt, dass du das Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten verloren hast. Kein Anderer hat über dich zu urteilen, aber dich wird es früher oder später wurmen! Es gibt nämlich keinen Kletterer, egal wie toll er klettert, der kein Verbesserungspotential mehr hätte. In zwei Jahren, nach Reisen in exotische Länder und Bekanntschaften mit visionären Boulderern – wer weiß wozu du fähig wärst? Wobei wir bei der Frage der Anerkennung, oder wie Felsboulderleistung gemessen wird, angekommen sind. Wir alle streben nach Anerkennung, bei sehr talentierten Kletterern geht es oft auch um Sponsoren und vielleicht sogar darum, mit dem Bouldern Geld verdienen zu können.

unten: 1997, Klem Loskot macht Nanuk, möglicherweise das erste 8b+ Problem weltweit. 2012, es gibt  noch keinen Boulderer, der alle schwierigen Probleme der Welt auch nur versucht hätte. Auch Nanuk hat seine zweite Begehung erst im Herbst 2012 gesehen, obwohl es gut erreichbar auf einer Wiese in Berchtesgaden liegt. Wegen fehlender Wiederholungen sind Schwierigkeitsgrade noch weit davon entfernt, akkurat zu sein.

Was ist also was wert beim Bouldern?

Schwierigkeitsgrade und Bewertungen

John Gills ‘B’ Bewertung

Dieser Bewertungsansatz mag jungen Leuten naiv und undifferenziert erscheinen, bedenkt aber, dass alle Moden und unsere heutige Praxis nur eine Form der möglichen Herangehensweisen ist! Warum zum Beispiel ist es akzeptiert und gilt sogar als clever wenn wir uns raffinierte Hilfsmittel in Form von Kletterschuhe um die Füße schnallen während das Gleiche bei den Händen verpönt ist?

Jeder ist gut beraten sich mehr an den Wurzeln seiner Kletterleidenschaft und weniger dem momentanen Trend zu orientieren. Weniger Sachen machen “weil man sie so macht” und mehr Architekt der eigenen Vorstellung werden! Die eigene Boulderleistung kann man ja persönlich für sich auch anders bewerten:

Was ist aber, wenn man Schwierigkeit weiter differenzieren möchte?

Dafür gibt es Schwierigkeitsgrade, am gebräuchlichsten die Fontainebleau Skala und die amerikanische “V” Skala. Beide sind oben offen, um dem wachsenden Standard Rechnung tragen zu können. Der Schwierigkeitsgrad ergibt sich aus der Beschaffenheit des Problems, also zum Beispiel Oberflächenreibung, Neigung und Griffabstände und einem unterschiedlich großen, aber immer vorhandenen Einfluss von anderen Faktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit aber auch, ob mir dieses Problem, aus welchen Gründen auch immer, liegt. Es ist unmöglich, ein Problem losgelöst von diesen Faktoren zu bewerten. Für sich allein genommen, können Schwierigkeitsgrade also nicht genau sein. Wächst die Anzahl der Begehungen, steigt auch die Genauigkeit. Die Bewertung eines Problems ohne Wiederholer ist nur ein Vorschlag. Alle Boulderer, die viele Erstbehungen machen, haben sich schon mal verschätzt, manche liegen oft richtig, einige auch mal krass daneben. Die Genauigkeit der Bewertung eines Problems, welches man einmal im Leben einmal gemacht hat, ist ungefähr vergleichbar mit der Ermittlung seiner 100 Meter Sprintzeit durch das Pfeifen des Windes im Ohr!

Die Schwierigkeitsgrade geben dem Anfänger eine gewisse Orientierung, auch weil leichtere Probleme durch viele Begehungen genauer bewertet sind. Je länger und mehr man reist und bouldert, umso mehr verliert sich der Orientierungswert der Grade, auch weil Ungereimtheiten und Unzulänglichkeiten offensichtlich werden.

Ausgehend von der Internetseite www.8a.nu entsteht manchmal der Eindruck, die Schwierigkeitsgrade seien das wichtigste Element der Bouldererfahrung. Der 8a.nu Webmaster sorgt sich oft um zu Unrecht abgewertete Probleme. Er befürchtet dass sie vom Vergessen bedroht sind; dadurch, dass sie leicht sind, würde sie in Zukunft keiner mehr klettern wollen. Er übersieht, dass für die allermeisten Boulderer nicht die Grade die Wurzel ihrer Motivation sind, sondern dass es viel mehr das unvergleichliche Körpergefühl gepaart mit den tollen natürlichen Linien im Fels ist welches die Entwicklung antreibt. Dazu passt, dass die grandiosen Probleme der Achtziger immer noch begehrte Projekte darstellen, die ihre Begeher zu Recht vor Stolz erstrahlen lassen, OBWOHL solche Klassiker vielfach härter bewertet sind als ein obsukeres Problem im Wald. Sind das womöglich einfach klasse Probleme die man unabhängig vom Grad klettern möchte? Aus Problemen mit interessanten Zügen bzw. tollen Linien werden Klassiker. Probleme, die „nur“ wegen ihres Grades interessant sind, werden vergessen! Über die Schwierigkeitsgrade hinaus achtet die internationale Boulderszene besonders Gestalten, die über längere Zeit immer wieder schwierige Probleme anderer Boulderer wiederholen, als auch in gleichem Maß eigene Projekte und Gebiete zu entwickeln.

Boulderer mit erweitertem Horizont achten auch auf den historischen Bezug

Wieviel ist eine Begehung /ein Begehungsstil „wert“ wenn ein Problem schon z.B. in der „Vor-Crashpad-Zeit“ gemacht worden ist? Hohe Anerkennung geniesst daneben eine gewisse Internationalität und vor allem Vielseitigkeit. Der Lokalmatador hingegen wird geschätzt wegen seiner Vision “dass da was geht” und durch den oft hohen Arbeitseinsatz bei der Umsetzung seiner Visionen. Der Arbeitseinsatz des Lokalmatadors wird einerseits ins Ausbouldern investiert (siehe “Wachstum von Exponentialfunktionen” oben, einige unserer schwierigsten Probleme in Deutschland haben eine jahrzehntelange Entwicklungsgeschichte!) anderseits in eine Verbesserung der Rahmenbedingungen wie etwa dem Terrassieren von Landungen angelegt.

Anerkennung in der Szene bekommt man also auf ganz verschiedene Art und Weise.

Wichtig ist nur, die Karten auf den Tisch zu legen und sein Tun zu kommunizieren. Hast du das Problem vorher getoproped? Lässt sich das Problem auch mit kleinem Besteck, also 2 Matten und einem Spotter bewältigen oder hast du 28 dir sklavisch ergebene Spotter für eine ausgefeilte Mattenverschiebchoreographie rekrutiert? Wenn du mit diesen Details offen umgehst, ist dir Respekt gewiss! Es ist auffallend, wie entspannt gerade erfolgreiche Wettbewerbsboulderer am Fels sind. Ihren Ehrgeiz haben sie schon bei den Bewerben gestillt, draußen wollen sie nur bouldern. Bei Wettbewerben gelten zu einem bestimmten Termin die gleichen strengen Regeln für jeden der Teilnehmer gleichermaßen um eine gerechte Vergleichbarkeit zu gewährleisten – um deine Boulderkunst mit anderen zu messen sind also Wettbewerbe geeigneter als Schwierigkeitsgrade!

Felsbouldern dagegen ist etwas für Menschen, denen der Vergleich mit anderen nicht so am Herzen liegt und die die Freiheit der Ausübung schätzen.

Schwindelt es dir vielleicht bei Höhen über einem Meter? Kein Problem, such dir eine bodennahe kniffelige Traverse! Bist du nicht mit dem optimalen Kraft/Last- Verhältnis gesegnet? Auch kein Problem, auf Platten kommt es mehr auf den Gleichgewichtssinn an! Dass es in Deutschland kaum eine Gegend gibt, in der sich nicht irgend etwas Boulderbares findet hatte ich ja bereits geschrieben. Was ich damit sagen will – falls du noch nie gefelsbouldert bist, probiers mal aus! Es ist umsonst und draussen, Alter und Geschlecht spielen eben so wenig eine Rolle wie Mut oder Körperkraft, man lernt seine Umgebung kennen, es macht Spaß alleine oder in einer Gruppe, man sieht die Natur aus einem ganz anderen Blickwinkel … und wenn man abends in den Schlaf sinkt rekapituliert unser Muskelgedächtnis noch mal die verrückten Bewegungen des Tages…

Man sieht sich an den kleinen Felsen!

Mehr zum Bouldern (drinnen & draussen!) gibt es in meinem Buch “Lizenz zum Bouldern”

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