Was die Insel in diesen Wochen ja eigentlich in Atem hält
sind die Dreharbeiten von BigUp, also Brett und Josh Lowell am Pontax, einem Felstor im Meer vor Santanyi. Chris Sharma möchte von rechts quasi durch den ganzen Bogen klettern. Im unteren Bereich gibt es eine Schlüsselstelle in Form eines himmelweiten Sprungs, dessen Schwierigkeit man nur ermessen kann wenn man weiss wie leicht zum Beispiel “Smoking Barrels” bei Chris aussieht. Pontax ist das im Moment wohl abgefahrenste Kletterprojekt überhaupt. (Am 26.10.06 machte Chris Sharma übrigens endlich “Es Pontas”!)
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Aber zurück zu den Dreharbeiten von BigUp, den Machern der “Dosen.” Die Dosages Vol.1-3 sind ja im Moment der Standard was wertige Kletterfilmproduktionen anbelangt. Jetzt haben die Lowells, wie wir auch schon seit 2005, auf HD, also hochauflösendes Video umgestellt. Gefilmt wird mit den brandneuen AG-HVX200 Kameras von Panasonic. Wir machen das in erster Linie aus Gründen der Zukunftsicherheit, da es im Moment ja auf Consumerseite noch keine HD-DVD Player gibt und selbst HD Displays noch nicht so verbreitet sind. Wer jedoch den Unterschied zwischen HD Qualität (1920×1020 Bildpunkte) zu Standard TV (768x576px) schon mal erlebt hat, für den geht kein Weg zurück.
Durch das “dazubuchen” von Sportgepäck konnte ich Josh ausserdem unseren Kran mitbringen, der beeindruckende Einstellungen ermöglicht. Wir alle sehen das zunehmende Aufrüsten der Produktionen mit gemischten Gefühlen, da das Filmen immer schwerfälliger und langsamer wird. Man darf ja nie vergessen, dass wir es mit der Natur, sprich wechselnden Licht und Wetterbedingungen zu tun haben. Davon möchte ich im folgenden anhand einiger Beispiele berichten. Wir treffen Brett und Peter Mortimer (dem Macher von return 2 sender und First Ascent) in Cala Serena. Sie wollen einige allgemeine Einstellungen drehen, aber Chris sind die Wellen zu hoch und die Kletterei heute zu gefährlich.
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bis Miquel meint, er könne jetzt doch wenigstens eine leichte Route klettern. Chris und Miquel verabschieden sich theatralisch für die Kamera, weil Miquel ja jetzt sein Leben aufs Spiel setzt. Brett filmt Miquel aus der Route, Peter von der Seite. Miquel klettert die Route ohne Probleme und fragt mich anschliessend ob er es wohl wagen könne für den nächsten Take abzuspringen.
Bei so grossen Wellen ist nicht das zerschmettert werden an der Felswand das Problem, sondern überhaupt erstmal gegen die zurückschwappenden (“schwappend” ist ein zu schwaches Wort!) zur Wand zu kommen. Sollte man das jedoch geschafft haben, wird das Zerschmettern jedoch sehr konkret, gerade weil man in Cala Serena auch nicht so ganz einfach aus dem Wasser kommt.
Meine “Regeln” für sicheres deep water soloing aus “psicobloc 101” gelten natürlich auch nicht für den Erfinder des Ganzen, jedenfalls jetzt nicht, wo es ihm nach einem krassen Stunt dürstet. Miquel lässt mir sein Händi auf dem Felsvorsprung von dem ich aus fotografieren möchte und sagt mir noch die Nummer der Polizei “wenn was passieren sollte.” “Das wird ja immer besser” denke ich und reflektiere kurz über die Unterschiede von Deutschen und Spaniern und Paddlern und Kletterern.
Was ich dann sehe gefällt mir gar nicht, denn Miquel ist in diesen Wellen nicht der souveräne Waterman der er eigentlich sein sollte. Wird man im Wasser panisch, schwinden einem die Kräfte in Windeseile. Miquel gibt mir das Zeichen das Händi zu benutzen. Brett und Peter sind zu weit weg um helfen zu können. Das einzige lange Seil ist bei uns im Auto. Miquel hat sowas nicht dabei. Hastig klettere ich die Wand hoch, geb Nora das Händi und brülle Jan und Simon zu das Seil zu holen. Nora ruft die Polizei an und rennt von Haus zu Haus um was Schwimmendes zu organisieren. Jan entreisst einem Jungen seinen Schwimmreifen und bläst ihn mit Riesenlungen auf. Das Seil habe ich schon an ein paar Sanduhren festgemacht und mit dem Schwimmreifen verknotet. Eigentlich würde man ihn jetzt Miquel zuwerfen, fassungslos müssen wir jedoch mit ansehen, dass es auch Nora nach einem krassen Stunt dürstet. So schnell können wir gar nicht reagieren wie sie abklettert und sich in die Fluten stürzt. Die zurückprallenden Wellen schiessen sie aufs offene Meer zu Miquel. Zusammen ziehn wir Miquel und Nora zurück.
und so geht die ganze Geschichte doch noch glimpflich aus. Zumindest kauft Josh am nächsten Tag einen professionellen Rettungsring, der fürderhin auch immer mit dabei ist. Und das ist gut so, denn die Wellen bleiben hoch. Als ich später den Vierer zum Pontax abklettere, in Sandalen und mit über 6000 Euro Kameraausrüstung lässig über die Schultern könnte ich mich ohrfeigen für so viel Blödheit. Die Gefahr von einer Welle erfasst und von der Wand gerissen zu werden realisier ich erst als ich schon die Hälfte abgeklettert bin. Genau das passiert Brett einige Tage später. Eine gewaltige Welle bricht über ihm zusammen, ein Griff bricht aus, aber glücklicherweise kann sich der bärenstarke Brad an dem anderen festhalten. “You could have died there, Udo!” sagt mir Chris ganz ernst am Abend. Ich rätsle was diese Aussage wohl aus dem Mund von Chris zu bedeuten hat, denn er trägt sogar immer nur Flipflops und scheint die ganzen Aktionen bis her gar nicht ernst zu nehmen. Allerdings ist Chris unerhört geländegängig und klettert mit Badeschlappen besser als 99% der Kletterer in voller Montur. Josh und Brett sind selber ausgezeichnete Kletterer, trotzdem warten sie immer beim Auf- und Abklettern auf die Hilfe von ihm.
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Josh und ich haben die fantastischsten Pläne, was die Positionierung des Krans für heute anbelangt. Über eine Seilbrücke werden wir ihn auf den Pontax schaffen! Da kommt Chris vom scouten zurück, ob wir beiden Traumtänzer schon die Wellen gecheckt hätten, die wären nämlich “freakin’ fucking high” heute. Wir ignorieren diesen Einwand erstmal, der kreative Mensch sollte immer an seinen Visionen festhalten, grosse Wellen hin oder her. Chris und Brett machen sich auf, ein Seil auf den Pontax zu schaffen. Dabei erwischt es Brett fast wie oben beschrieben. Auch Chris bekommt einen Schreck und schwimmt lieber mit dem neuen Rettungsring was natürlich langsamer ist. Alles sieht gut aus, Chris kommt fast ans Land, als eine Welle ihn erfasst und zurückzieht. Die nächste Welle spült ihn unter ein Dach und auf einmal findet sich Chris in einer wirklich gefährlichen Situation wieder, denn die Welle drückt ihn jetzt unter das Dach. Wenn Chris jetzt nicht so gewandt im Wasser wäre hätte er eine Schädelfraktur, so aber taucht er nach unten aus dem Rettungsring und aus der Gefahrenzone. Puhh, daaas war aber gaaanz knapp. Brett zieht Chris am Seil zurück. Das wars für heute mit dem Filmen!
Ich denke, die deep water solo interessierten Kletterer sollten versuchen, mehr übers Wasser zu lernen, so wie sich die Wildwasser Paddler fürs Klettern interessieren weil es für sie überlebensenscheidend ist.
Josh, Chris und Brett wünsche ich alles Gute und verspreche euch: KING LINES wird der Hammer!
Achja, was Chris anbelangt: Hier habe ich etwas über ihn und seine einmalige Stellung in der Kletterwelt geschrieben.