Udo Neumann
Udo Neumann
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“The Devil, you and me”

… und schon wieder eine neue Route im 11. Grad in Kochel 

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„Wozu in die Ferne schweifen…” . Irgendetwas in diese Richtung muss ich mir gedacht haben, als ich mich im letzten Herbst nach einer perfekten Madagascar-Kletterreise in ein 11-Jahre altes Projekt am vermutlich hässlichsten Wandteil der (eh’ schon ganz schön hässlich wirkenden) Atlantiswand abseilte. Die Augen zu und durchbouldern! Bald war die Haut zerfetzt, die Arme schlapp, und der schwere Leib zu träge für dieses Ausdauermonster.
Wenigstens war ich nach einigen Aufräum- und Ausboulderaktionen um die Gewissheit reicher, dass die seichte, 30m lange Riesenverschneidung mit durchgeknallten Bewegungen überlistet werden konnte … und zwar mit folgender Rezeptur: man bouldere sich über den gesamten Winter stark und hänge sich anschließend an einem dieser „Ich-weiss-nicht-was-ich-probieren-soll-also-bin-ich-für-jeden-Wahnsinn-zu-haben-Frühlingstag” wieder in das jetzt trockene Projekt.
Erfahrungsgemäß werden solche Aktionen nach einer halbstündigen Belagerung beendet und so schnell auch nicht mehr fortgesetzt. Nicht so in diesem Fall, und so gelingt mir bereits nach ein paar Tagen die erste Begehung der Verschneidung mit einem Links-Ein- und Ausstieg: „Sunjata” ist jetzt die vielleicht bewegungsmäßig abgefahrenste Route in Kochel – mit einer Stemmverschneidung, komplexen Untergriffzügen und anschließender Ausdauerpumperei im oberen 10. Grad.
Jetzt fehlt nur noch der Direkteinstieg. Doch die Frühjahrs-Regengüsse machen die Versuche jeden 2. Tag zunichte, so dass ich mich auf ein anderes Projekt stürzte, dem „Absoluten Kontrollverlust” im 11. Grad.
Über den Sommer spiele ich dann wieder in dem noch fehlenden Einstieg rum und es entsteht „It’s in my blood”, eine fast 40m lange Monstertour durch die steilsten Dächer der Wand.
Diese Linie kombiniert den neuen Einstieg mit der Verschneidungspassage und einem (fast immer nassen) Rissdach.
Noch bin ich nicht zufrieden, denn den nassen Schlund könnte man auch komplett links umgehen – mit einem feinen, kleingriffigen Boulder, einer pumpigen Piazschuppe und einem Abschlussdachl, welches die gesamte Route zu einer wahren Fitness-Tortour erweitert. Die noch fehlenden Haken sind schnell gesetzt und Woche um Woche läuft es besser. Doch irgendwann kommen alpine Unternehmungen, Südfrankreich und Mallorca mit weitaus besserer Felsqualität dazwischen.
Im September bekomme ich beim ersten Anblick fast Zweifel, aber nach erneutem ausbouldern schaue ich nicht mehr auf den kleinsplittrigen Fels zwischen halbnassen Rissdächern, sondern steige das gesamte Ding einfach ohne Runterfallen durch.
„The Devil, you and me” heißt die Route bzw. das Rezept für „wie genieße ich nette Bewegungen in innerer Zufriedenheit auch im Nicht-Südfrankreich-Fels”.
 
– Zutaten:
– 45m langer und 15m überhängender, Kalksandstein
– 4 verschiedene Abschnitte (Direkteinstieg, Sunjata-Verschneidung mit Boulder,
noch ein weiterer schwerer Boulder, Ausdauerkletterei, Ruhepunkt und schließlich
das pressige Abschlussdach), welche sich hervorragend zu einer Route im 11. Grad
kombinieren lassen.
– einen großen Dicken mit einem sturen Kopf
– das ganze bei wochenlangem Umrühren bei moderaten, trockenen Temperaturen
vermischt und schließlich immer wieder im Wind kühlgestellt!
… Und schließlich bei vollendeten Kochkünsten servieren und verzehren, bevor es zu kalt wird!
 

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