Udo Neumann
Udo Neumann
0
{gallery}slc04/02:148:148:0{/gallery}

Mit Jonathan in der City of Rocks

Unter meinen Freunden in Salt Lake ist Jonathan Knight mir der Liebste wenn es um Bergabenteuer geht. Allerdings ist war es nicht die beste Idee mit seit acht Monaten maximal 5 Zügen an Plastik als Vorbereitung mit Jonathan in die City of Rocks zu fahren. Boulder die keine Highballs sind und von denen man leicht runterkommt sowie Touren mit Bohrhaken, womöglich gar von oben gesetzt, existieren nämlich für Jonathan nicht.

Am zweiten Tag klettern wir in Castle Rock, einem neuen großen Gebiet ganz in der Nähe der City. Heute möchte ich bitte zum Aufwärmen gerne eine dieser moralisch verwerflichen Sportklettertouren klettern. Damit Jonathan mir keine Szene macht steige ich auch in den Offwidth ein, der auf den Vorbau führt von dem die Tour losgeht. Zwei große Camelots werden ja für die 7 Meter reichen. Natürlich habe ich trage ich kurze Hose und kein Leibchen und habe nicht wirklich vor mich den Riss Körperklemmenderweise hochzurackern sondern ein paar kleine Käntchen für die Füsse erspäht. Schlawinertum wird hier aber bestraft, eines der Känntchen bricht und ich schlage ziemlich hart auf dem Boden ein, Jonathan hält gerade noch meinen Kopf von dem Felsblock links fern. Den guten Ratschlag, weich zu greifen, beherzige ich bei dieser Tour dann erstmal nicht und so fühlt sich die 5.11b, wie eigentlich alles hier, ziemlich knackig an. Jonathan hat sich schon die nächste Tour ausgeguckt, einen schwierig abzusichernden .11c Riss mit zwei deutlich ausgeprägten Schlüsselstellen. Die Erste würde ich auch nach über zwanzig Jahren Bleau extremst abgefahren nennen und mit mindestens V5 bewerten. Dass macht zwar keinen Sinn weil .11c wirklich keine V5 Einzelstellen haben sollte, zeigt aber wieder mal das Schwierigkeitsgrade nicht Alles sagen. Clean Climbing an sich finde ich aber wirklich die Krönung des Kletterns. Super, die City und Castle Rock!

{gallery}slc04/03:148:148:0{/gallery}

Bouldern im Little Cottonwood Canyon

Zurück in Salt Lake bouldern wir ein paar Tage im Little Cottonwood Caynon. Das ist geilstes, sehr technisches Granitbouldern welches unter anderem durch Steven Jeffery und John Cronin auf immer neue Höhen gepusht wird. Höhen in Bezug auf die Schwierigkeit und … die Höhe. Einige Sachen kennst Du ja vielleicht aus Fast Twitch oder der LizuKle DVD, noch furchterregendere Highballs sind hinzu gekommen. Richtig grausig! Wer hier wirklich abheben will muss aber im Frühling oder Herbst kommen, im Sommer ist es viel zu warm. Spaß macht es aber trotzdem.

{gallery}slc04/04:148:148:0{/gallery}

Kurzer Einschub: Mein Freund Dale…

Verdon 1984. Also vor 20 Jahren! Ein spindeldürres Jüngelchen quatscht mich auf dem Campingplatz auf französisch an. Erst nach einiger Zeit stellen wir fest, dass französisch für uns nicht die beste Sprache ist. Dale ist Amerikaner aus Boulder, der gerade ein Studienjahr in Frankreich hinter sich hat. Wir klettern zusammen. Besuchen uns gegenseitig. 1991 fliege ich in die USA um mit Dale „Performance Rock Climbing“ zu schreiben, dass Ende 1993 endlich fertig ist. Kurz davor gelingt ihm die zweite Begehung von SUPERTWEAK und klettert damit als zweiter Amerikaner 8c. Dale heiratet, wird Vater und verabschiedet sich etwas vom Klettern. Ab und zu mal eine Mail, sonst hören wir nicht viel voneinander. Ich solle ihm doch ANTIHYDRAL mitbringen schreibt er, als er hört dass wir nach Salt Lake kommen. Das habe ihm neulich in Phoenix geholfen, wo er vierter  nach „Sharma, Tom Caldwell, and some 15 year old twerp“ geworden ist. Was? Vierter in Phoenix, dem grössten Boulderwettbewerb der Welt?

Dazu muss man wissen, dass Dale wirklich sehr sehr selten zum bouldern geht, zum Klettern hat er wohl gar keine Zeit. Als wir im LCC zusammen bouldern ist es eigentlich wie früher, ich fühle mich wie ein fettes Murmeltier (bin aber dadurch zum spotten gut zu gebrauchen!) und Dale scheint stark geblieben, aber noch dünner geworden, der schwebt  inzwischen sogar auf Luft. Die Salt Lakeaner haben es mit dem LCC vor der Tür aber auch unverschämt gut…

{gallery}slc04/05:148:148:0{/gallery}

Überhaupt, Utah Bouldering

Es gibt jetzt einen toll aufgemachten, dicken Utah Boulderführer. Und, merkwürdigerweise noch einen zweiten , bei dem als Autor anscheinend der in die USA ausgewanderte Engländer Dave Pegg steht. Offensichtlich hat sich der Eine von dem Anderen inspirieren lassen und ich tippe mal, das war Dave. Sein Führer hat zwar die besseren Bilder aber weniger Gebiete und auch weniger Probleme in den einzelnen Gebieten. Ich jedenfalls setze auf das vermeintliche Orginal. Am Anfang bin ich ganz begeistert von dem Ding bis mir aufgeht, dass einige Topos anscheinend frei aus der Vorstellung gezeichnet  sind. Die Blöcke im Price Canyon zum Beispiel findet man vielleicht ohne, mit Führer jedoch auf keinen Fall. Kaum ist man von der Hauptstrasse runter, stimmt überhaupt gar nix mehr mit der Realität überein.

Die “DREI GROSSEN“ Bouldergebiete in Utah sind der LCC, Ibex und Joe’s Valley. Zu letzterem bin ich im bitterkalten Winter 2001 mit Steven und Klem gefahren. Kaum waren wir angekommen, hatte Steven sein Auto trotz unserer Warnungen schon im Schnee festgefahren. Die Bergeaktion dauerte den ganzen Tag und Steven war sein Preisgeld vom Boulderwettbewerb schon wieder los. Jetzt bin ich ja doch gespannt, wie Joe’s bei freundlicheren Bedingungen wirkt. Schon alleine, daß Joe’s von Doug Heinrich quasi aus dem Kajak entdeckt wurde, finde ich interessant. Um es kurz zu machen: Joe’s ist ein Klassegebiet! Die Felsqualität ist zwar nicht überall, aber doch bei ganz vielen Problemen super und es gibt, wenn man nicht gerade V12 links und rechts flasht, für jeden sehr viel zu tun. Unser Pennplatz direkt am Bach ist genial. Joe’s alleine ist schon Grand genug zum bouldern nach Utah zu kommen…

{gallery}slc04/06:148:148:0{/gallery}

Besuch in Triassic,

Wir fahren also von Joe’s Valley, dass eigentlich gar kein Valley, sondern ein System aus zwei Canyons, dem Left und der Right Fork, ist runter um Triassic (erst seit neuestem bekannt aus THE ROAD) auszuchecken. Dass das jetzt nicht die grossartige Bouldersession wird ist uns klar aber dass es hier so viel heisser als im gar nicht so hoch gelegenen Joe’s ist, überrascht uns schon. Endlich haben wir das Gebiet gefunden, wir steigen aus und ich markiere wie gewöhnlich das Revier. Beim Einpacken meines Gottes zwischen den Schenkeln muss ich schockiert feststellen das sich eine schwarze,  grosse Ameise ganz vorne verbissen hat. Ganz vorne am Harnausgang! Jetzt heisst es sachlich bleiben. Ich kriege dass Viech zu fassen und versuche es zum loslassen zu veranlassen, aber, no such luck! Keine Hysterie jetzt, aber abreissen und mit Ameisenmandibeln am Harnausgang rumlaufen will ich nun auch nicht! Plötzlich stelle ich fest, dass Gabi und ich von einer Wolke Gnats (bei uns sagt man Gnitzen dazu, in Lateinien Ceratopogonidae, im Englischen verflucht man sie als Biting Midge, Punkie, No-See-Um oder Sandfly. Jedenfalls sind die fruchtfliegengrossen Bestien die primitivsten und ärgerlichsten Blutsauger die es auf der ganzen Welt gibt. Die sind zu primitiv zum stechen sondern bohren gleich ihr ganzes widerwärtiges Vorderteil in die Haut. Da hat man richtig lange Freude dran, da die Gnads so voller Schlechtigkeit sind und die Lymphknoten gerne erst nach einer Woche so richtig anschwellen wie ich jetzt feststellen muss.

Okay, wir sind in einen feindlichen Hinterhalt geraten und haben hier eine richtige Krisensituation!

Panik kommt auf.

Doch jetzt zahlt sich aus, dass Gabi unzählige Tierdokus gesehen hat. Sie füllt ein Plastikschüsselchen mit Wasser, wir hängen meinen Pipimann hinein und stellen der Ameise ein Ultimatum. Ertrinken oder Losslassen. Das hört sich souverän an, war es aber nicht weil wir uns zugleich gegen die schwarze Gnatwolke wehren mussten. Die Ameise gibt auf, ich komme frei und übergiesse Gabi und mich sofort mit dem most advanced Insektenschutzmittel welches es gibt, einem Abfallprodukt der Weltraumforschung. Die Gnadwolke ist zwar nur so halb beeindruckt es gewährt uns aber einen Vorsprung den wir nutzen um uns in Triassic näher umzuschauen…

Es ist heiss und trocken. Wir husten. Die Cola kocht. Triassic ist bestimmt super, aber jetzt gerade nicht. Eigentlich ist es ziemlich die Hölle im Moment, glücklicherweise springt der Wagen an und wir fahren weiter in eine bessere Welt…

{gallery}slc04/07:5154:154:0{/gallery}

… nämlich zu zwei Praktikantinnen am CLEVELAND LOYD Dinosaurier Steinbruch. Hier werden mehr Allosaurier (ein Vorläufer von T. Rex!) als sonst irgendwo auf der Welt ausgraben. Die Geologiestudentin aus Texas (übrigens der erste junge George W. Fan den wir treffen!) und die liberale Anthropologin von der Ostküste scheinen sich in dem kleinen Visitorcenter etwas zu langweilen (auch sie werden von den Gnats hier drin gefangen gehalten) und erklären uns enthusiastisch Alles. Wir gucken uns noch die surrealen Ausgrabungsstätten an, bevor uns doch das Bedürfnis nach Zivilisation übermannt und wir uns auf nach Moab aufmachen…

{gallery}slc04/08:148:148:0{/gallery}

 

Nachtbouldern in Moab

Moab ist einer der grandiosesten Orte unserer Erde aber für uns auch ein bisschen die Wiederbegegnung mit dem hässlichen Amerika. Moab zieht Extremsportdeppen aus aller Welt an, jeder muss sich mindestens im Hummer durch die Wüste kutschieren lassen. Es ist aber auch die Hitze, die uns zu schaffen macht. Glücklicherweise hat die ganz große Turi Saison aber noch nicht angefangen und so sind wir auf unseren wunderschönen Wanderungen doch ziemlich allein. Ans Bouldern ist tagsüber überhaupt nicht zu denken und so ziehen wir mitten in der Nacht zu den Big Bend Blöcken am Colorado. Geil!

{gallery}slc04/09:148:148:0{/gallery}

Irgendwann einmal müssen wir jedoch auch mal schlafen und so trollen wir uns aus Moab. Gewaltige Gewitter begleiten uns auf unserem Weg zurück nach Salt Lake.

Merkwürdigerweise haben wir ausgerechnet Sportkletterhasser Jonathan den ersten Sportklettertag zu verdanken. Er bequatscht uns, auf über 3000 Meter Höhe in den Uintas nach Bouldern zu suchen. Dort angekommen scheint keiner zu wissen, wo in dem Riesengebiet wir überhaupt anfangen sollen mit dem Suchen. Ich verliere die Nerven, würde heute gerne einfach ganz unpunkig klettern, und so gehen wir in den bebohrhakten Stonegarden. Nachdem so ganz ungestresst daherklettern ja auch mal wieder  ganz schön ist, fahren wir, zurück in Salt Lake, sogar mal ins ehemalige Sportkletter Eldorado American Fork. Das ist zwar von der SLCA, der Salt Lake Climber’s Alliance, liebevoll saniert worden, aber so recht kann ich mich für die abgeglitschten Pumperschweine nicht mehr erwärmen. Die meiste Zeit bouldern wir am House Boulder…

… ja, und dann sind die drei Wochen auch schon vorbei und wir sitzen in den immer beengter werdenden fliegenden Sardinendosen Richtung Frankfurt…   

Resümee: Salt Lake ist weiterhin einer der besten Ausgangspunkte zum Klettern und Bouldern überhaupt! Und meinen latenten Antiamerikanismus würde eine andere Regierung schon kurieren…

0
    0
    Your Cart
    Your cart is emptyReturn to Shop